Ursachen der Depression
Die Ursachen der Depression sind heute noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Aufgrund der Komplexität geht man heute davon aus, dass zur Entstehung einer Depression mehrere Ursachen zusammenkommen. Als Auslöser gelten genetische Prädispositionen, die Persönlichkeit selbst, Prägungen der Kindheit und Jugend, verzerrte Wahrnehmungen und Kognitionen (Gedanken) sowie belastende aktuelle Lebensereignisse.
Genetische Ursachen
Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien belegen eine genetische Disposition für Depression. Zwillingsstudien zeigen, dass im Vergleich zu Effekten der gemeinsamen familiären Umgebung und Umwelt, genetischen Faktoren eine entscheidende Bedeutung zukommt. Die Zwillingsstudien zeigen umgekehrt auch, dass die genetische Komponente nur ein Teilfaktor ist, beim Entstehen einer Depression spielen immer auch Umweltfaktoren eine Rolle. Es gibt allerdings kein isoliertes „Depressions-Gen“.
Neurobiologische Faktoren:
Des Weiteren sind bei einer Depression bestimmte Botenstoffe im Gehirn (Neurotransmitter) gestört, d. h. deren Konzentration ist entweder zu hoch oder zu niedrig oder die Verarbeitung in den Synapsen ist anfällig. Man bezeichnet diese Störung auch als Störung des serotonalen/noradrenalen Systems (an dieser Störung setzen z. B. Medikamente wie Antidepressiva an, welche diese Neurotransmitter-Spiegel künstlich verändern).
Neueste Studien weisen dabei in eine sehr interessante Richtung: Die bei der Depression auftretenden Neurotransmitter-Störungen beruhen höchst wahrscheinlich auf einer Fehlanpassung an chronischen Stress (Dis-Stress). Depressiven Menschen weisen eine erhöhte Konzentration des Stresshormons Cortisol auf. Neueste Erkenntnisse zeigen nun, dass die Folgen von Stress bestimmte Gehirnregionen verändern, und so die mögliche positive Stressverarbeitung im Gehirn gestört wird. Die daraus resultierende Depressionssymptomatik ist demnach eine Antwort auf die individuelle, fehlerhafte Stressverarbeitung.
Psychologische Modelle
In der Psychologie wurden ergänzend diverse Modelle entwickelt welche die Ursache der Depression beschreiben. Sie bilden die Grundlage für die Psychotherapie, deren Wirkung heute im Zusammenhang mit den Hauptrichtungen wissenschaftlich erwiesen ist.
Erlernte Hilflosigkeit
Nach diesem Modell entstehen Depressionen als Folge von Gefühlen von Hilflosigkeit, die unkontrollierbaren negativen Situationen folgen. Mit anderen Worten: Situationen, die unüberwindbar erscheinen, begünstigen die Entstehung einer Depression.
Kognitionen
Negative Lebenserfahrungen können (im Laufe der Zeit immer stärker werdende) negative kognitive Schemata und Überzeugungen bilden. Betroffene „begehen“ somit Fehler im Denken. Sie werden immer negativer und pessimistischer in Bezug auf sich selbst, die Umwelt und die Realität. Man spricht deshalb auch von einer kognitiven Verzerrung der Realität. Diese negative Denkweise kann wiederum zu Depressionen führen. Im schlimmsten Fall sehen Betroffene Dinge derart negativ, daß dies nicht mehr einer objektiven Wirklichkeit entspricht, und als Psychosen einzuordnen sind (die schwerste Form der Depression).
Mangel an emotionaler Intelligenz
Ein Mangel an Fähigkeit mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Konflikten umzugehen nebst einer negativen Wahrnehmung der Dinge führt zu Rückzug, Abgrenzung und einem reduzierten (gestörten) sozialen Leben. Dies wiederum ist auf einen Mangel an emotionaler Intelligenz (Fähigkeit der rechten Gehirnhälfte) zurückzuführen, was die Entstehung einer Depression begünstigen kann.
Nicht vorhandene Protektoren
Jeder Mensch benötigt eine gewisse Anzahl positiver Lebensereignisse (Dinge, die einem „gut tun“), die Spaß, Anreiz und Freude bringen. Fehlen diese (man spricht in der Psychologie von Verstärkern) verliert der Mensch irgendwann sein seelisches Gleichgewicht, und der Beginn einer negativen Abwärtsspirale beginnt.
Psychoanalytische Ursachen
In der Psychoanalyse/Tiefenpsychologie gilt die Depression als eine gegen den Betroffenen selbst gerichtete Aggression. Man geht davon aus, dass in der Jugend und/oder Kindheit Menschen, welche in bestimmten dysfunktionalen Familien/Beziehungssystemen und Umgebungsfaktoren aufwachsen, selbstschützende Verhaltensweisen als Kompensation entwickeln müssen, um problemlos zu funktionieren bzw. ein psychologisches Gleichgewicht herstellen zu können. Diese dauerhaft ungünstigen und selbstschädigenden Kompensationsmuster können die Entstehung einer Depression begünstigen. Einige dieser betroffenen Menschen können auch später Kompensationscharaktere entwickeln, wie z.B. Narzissmus, Helfersyndrom oder Größenwahn. Irgendwann bricht diese Persönlichkeitsstruktur zusammen und die bereits latent (seit Jahren) vorhandene Depression wird manifest.
Psychosoziale Aspekte und Gratifikationskrise
Negative Lebensumstände (Geldmangel, Arbeitsplatzprobleme, Stress, Eheprobleme, …) oder eine nie stattfindende Anerkennung begünstigen ebenfalls die Entstehung einer Depression, v. a. wenn eine genetische Disposition besteht.
Physiologische Ursachen
Des Weiteren sind zahlreiche rein physiologischen Ursachen zu nennen, die eine Depression hervorrufen können. Hierzu zählen ein Mangel an Sonnenlicht (Winterdepression), Erreger, Substanzen (z. B. pharmakogene Depression) und Hormone (postpartale Depression).
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Autor: Dr. Dr. med. Heinz F. Golling
Artikel vom 26.04.2014
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